Wissenschaft

Eine Anmerkung zu den „Huris“

von Christoph Heger

Das aus – in Zeiten weltweiten Auftretens eines islamischen Terrorismus – naheliegenden Gründen wohl berühmteste Beispiel eines neuen Verständnisses von Koranstellen in Christoph Luxenbergs, Die syro-aramäische Lesart des Koran. Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache, Berlin 12000 and 22004, betrifft die „Huris“, jene immer jungfräulichen Gespielinnen, die den Kämpfern für die Sache des Islams im Paradies gegeben werden sollen. Bei Luxenberg werden sie – wieder – zu den „weißen, juwelengleichen Weintrauben“, die man als Frucht des Paradieses aus Ephrem des Syrers Gedicht „Das Paradies (De Paradiso)“ kennt.

Dr. Andrea Barbara Schmidt, Professorin für syrische Literatur an der Université Catholique de Louvain, Louvain-la-Neuve, Belgien, verwies mich dazu auf folgenden interessanten Umstand:

Die Metapher der Erquickung der toten Seelen im himmlischen Reich durch die alttestamentarischen Väter ist in der christlich-orientalischen und byzantinischen Literatur wohlbekannt. Es lassen sich zahlreiche Belegstellen bei Ephrem finden, dem berühmten Dichter und Kirchenschriftsteller in syrischer, d.h. christlich-aramäischer Sprache. Aber vor allem ist es ein Bild, das in dem ältesten erhaltenen christlichen Totengebet aus dem 3. Jh. erscheint, welches bei Kopten, Syrern, Armeniern und Griechen überliefert ist. Hier wird um die Aufnahme der Seelen ins Reich und ihre Erquickung, Besänftigung und Erneuerung zum ewigen Leben gebetet.

Eine faszinierende Umsetzung dieser Vorstellung in die Ikonographie zeigt ein 1998 von Dr. Karel Innemée, Leiden, Niederlande, aufgedecktes (syrisches) Wandbild aus dem Syrerkloster Dair al-Suryan im Wadi Natrun in Ägypten. Wie er mir im März 2005 mitteilte, ist Dr. Innemée geneigt, es auf das 9. Jahrhundert zu datieren. Hier werden die drei Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob gezeigt, wie sie in ihrem Schoße die Menschenseelen halten und mit süßen Trauben (!) ernähren. Sie stopfen den Seelen die Trauben regelrecht in den Mund!

Hier zeigt sich also eine ganz konkrete Verbindung zwischen Philologie und bildlicher Paradiesesvorstellung in der Spätantike, wie sie Christoph Luxenberg jetzt ebenfalls für den Koran nachgewiesen hat. Auch das Syrerkloster Dair al-Suryan liegt in der Wüste, und gekühlte Weintrauben mußten als höchste himmlische Genüsse gegolten haben.

Für weiteres wird verwiesen auf: K. Innemée, P. Grossmann, K.D. Jenner, L. van Rompay, New Discoveries in the al-`Adra Church of Dair al-Suryan in the Wadi Natrun, in: Mitteilungen zur christlichen Archäologie 4 (1998), p. 79-103.

Quelle: http://www.christoph-heger.de/Note_on_the_Huris.htm

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