„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“
Lev. 19,18
Das וְאָֽהַבְתָּ֥ לְרֵעֲךָ֖ כָּמ֑וֹךָ („ve’ahawta le rei’acha kamocha“ ) aus Lev. 19,18, das Luther mit „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ übersetzte (heute wird כָּמ֑וֹךָ – kamocha, wie schon bei Rabbi Herz Weisel in seinem Levitikus-Kommentar aus dem 19. Jh. gern mit „… denn er ist wie du“ übersetzt), müsste eigentlich „Liebe deinem Nächsten“ heißen.
Schon im 13. Jh. hat Maimonides in einem Kommentar darauf hingewiesen, dass hier das Tätigkeitswort „ahaw“ (= lieben) mit dem Dativ konstruiert ist („ahawta le…“) während es sonst, z.B. bei der Liebe zu Gott, üblich ist, es mit dem Akkusativ („ahaw et…“) zu gebrauchen. In Deut. 10,19 ist auch das Gebot, den Fremdling zu lieben als „va’ahawtem et ha ger“ umschrieben, ist also sprachlich formuliert wie die Gottesliebe, abstrakter, auf einer höheren Ebene angesiedelt. Nächstenliebe meint demgegenüber gerade nicht die unbedingte Liebe, sondern zielt ab auf Verantwortung, die praktische Forderung, für das Wohl unserer Mitmenschen in demselben Maße wie für uns selbst zu sorgen, d.h, Menschenliebe in die Tat umzusetzen. Etymologisch gibt es übrigens eine Verwandtschaft von ahavta und avoda. Letzteres meint heute Arbeit, wobei aber noch die ursprüngliche Wortbedeutung Dienst (avoda war der Tempeldienst, avoda melechat ist der Gottesdienst, avoda sara der Götzendienst) mitschwingt. Gemeint ist also immer praktisches Handeln.
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