• Potockiana

    Die Kunst des Plagiats

    In Recherche Online fand ich diesen Beitrag von Felix Philipp Ingold: Jean Potockis Handschrift von Saragossa und ihre Lesarten.   1 Von Jean Potocki (d.i. Jan Graf Potocki, 1761–1815), dem polnischen Universalgelehrten und Verfasser der weithin bekannten Handschrift von Saragossa, sind insgesamt vier zeitgenössische Porträts überliefert. Das früheste dieser qualitativ eher mittelmäßigen Bildnisse, eine anonyme Miniatur von 1780, zeigt den 19-jährigen Weltenbummler als mädchenhaften Epheben mit wachem Blick und voluminöser rötlicher Haartracht; zehn Jahre danach malt ihn – angeblich – Francisco J. de Goya als melancholischen Intellektuellen von auffallend schmaler, etwas linkischer Gestalt; den 43-jährigen Forschungsreisenden, Diplomaten und Schriftsteller setzt Giovanni B. Lampi vor einer Wüstenlandschaft mit Palmen und Pyramiden…

  • Wissenschaft

    Die Mundurukú können nur bis fünf zählen

    von Andrea Naica-Loebell Sprache formt das Denken. Was nicht benannt werden kann, mit dem kann auch nicht gerechnet werden. Neue Forschungen mit dem indigenen Volk der Mundurukú in Brasilien zeigen, dass selbst einfachste Rechenaufgaben nur gelöst werden können, wenn jemand sprachlich die Zahlen präzise benennen kann. Inwieweit prägt Sprache unser Denken, unsere Wahrnehmung von Realität? Pierre Pica vom französischen Centre National de la Recherche Scientifique ( CNRS (1)), Cathy Lemer, Véronique Izard  und Stanislas Dehaene vom Institut National Français de Recherche Médicale ( INSERM (2)) sind dieses Problem mit konkreten Fragestellungen angegangen: Ist es möglich, ohne Sprache zu rechnen? Oder ist die menschliche arithmetische Fähigkeit abhängig von der sprachlichen Fähigkeit?…

  • Wissenschaft

    Eine Anmerkung zu den „Huris“

    von Christoph Heger Das aus – in Zeiten weltweiten Auftretens eines islamischen Terrorismus – naheliegenden Gründen wohl berühmteste Beispiel eines neuen Verständnisses von Koranstellen in Christoph Luxenbergs, Die syro-aramäische Lesart des Koran. Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache, Berlin 12000 and 22004, betrifft die „Huris“, jene immer jungfräulichen Gespielinnen, die den Kämpfern für die Sache des Islams im Paradies gegeben werden sollen. Bei Luxenberg werden sie – wieder – zu den „weißen, juwelengleichen Weintrauben“, die man als Frucht des Paradieses aus Ephrem des Syrers Gedicht „Das Paradies (De Paradiso)“ kennt. Dr. Andrea Barbara Schmidt, Professorin für syrische Literatur an der Université Catholique de Louvain, Louvain-la-Neuve, Belgien, verwies mich dazu auf…

  • Theologie

    Der Fuchs und die süßen Trauben des Paradieses

    Im folgenden Beitrag der Süddeutschen Zeitung vom Februar 2004 fasst der Islamwissenschaftler Christoph Luxenberg (Pseudonym) die zentralen Aussagen seines Buches „Die Syro-Aramäische Lesart des Korans“ zusammen – und die haben es in sich! Denn viele dunkle Stellen, die in über 1000 Jahren Arbeit am heiligen Text selbst für arabi­sche native spea­kers rätsel­haft bleiben, kann Luxen­berg erhellen. Der Clou seiner Arbeit: Der Text des Korans zeigt sich in unge­ahntem Maße von syrisch-christ­li­chen Elementen durch­webt. In manchen Internet-Foren versucht man Luxen­berg mit dem Vorwurf zu erle­digen, er wolle den Muslimen das Heiligste nehmen. Das ist ein durch­sich­tiges Manöver. Unter­schlagen wird dabei, dass Luxen­bergs Werk nicht nur eine Pointe für die Muslime, sondern…

  • Miscellanea

    „Gehen unter hohen Bäumen.“

    Letzte Woche fand ich bei der Suche nach einem Buch einen kleinen Aphorismenband („Neue Apokryphen“) eines früheren Freundes, der ganz nach hinten gerutscht war und den ich schon völlig vergessen hatte. Der Hölderlin-Herausgeber Sattler hatte das kleine Buch von Johannes Ernst Seiffert vor Urzeiten im Verlag Roter Stern herausgegeben. Johannes, der vor einigen Jahren starb, wird mir immer als warmherziger und außergewöhnlicher Mensch in Erinnerung bleiben. Manches ist mit galligem Humor geschrieben, wie zum Beispiel die herrlich  lakonisch gegen den Strich gebürstete Paraphrase des bekannten Marx-Zitats aus den Thesen über Feuerbach: „Die Veränderer haben die Welt bisher nur verschieden verwüstet. Es kommt darauf an, sie zu verschonen.“ Bevor er eine…

  • Miscellanea

    Wühlstapel sind unwiderstehlich

    Ich liebe Wühlstapel! Ich kann einfach an keinem Bücher- oder CD-Sonderangebot vorbeigehen, ohne kurz mal reinzuschauen – und sei es beim Einkaufen bei Real. (Auf diese Weise habe ich mir als Jugendlicher und während meiner Studienzeit eine ausgezeichnete Plattensammlung der 6oer Psychedelic-Years zusammengetragen – für keines meiner Sammlerstücke habe je ich mehr als 5-9 DM bezahlt. Leider musste ich sie aus Platzmangel Mitte der 90er Jahre an einen Sammler verkaufen. Aber inzwischen habe ich eh das meiste wieder auf CD.) Bei Real habe ich auch kürzlich eine amerikanische Krimiautorin entdeckt, die mir völlig entgangen war: Linda Barnes. Mit einer sympathisch-chaotischen weiblichen Detektivin, die in ihrer Freizeit gern zur Blues-Gitarre greift,…

  • Diskussion,  Schule

    Abbaumethode

    Unlängst wurde ich von einer Schulpsychologin nach der ‚Abbaumethode‘ gefragt. Der Mensch ist doch ein Gewohnheitstier. Du hörst etwas – und schon geht die Schublade auf: Kenn‘ ich doch! Und da fallen einem dann gleich die passenden Namen ein: Träbert, Dilts … Schublade zu, skeptischer Kommentar. Eigentlich sollte ich mich inzwischen besser im Griff haben. Wie dem auch sein, ein gewisses Unbehagen ist gottseidank geblieben, und deshalb habe ich mich nach der Lektüre des Buches von Detlef Träbert an das Buch von Fee Czisch erinnert, in dem die Unterrichtsmaterialien von Ute Andresen hochgelobt werden und auch Hiltraud Prem irgendwo erwähnt wird. Mit Ute Andresen habe ich inzwischen ein paarmal telefoniert…

  • NLP

    NLP: The Map is not the Territory

    Glaubenssätze sind die Axiome der Neurolingustischen Programmierung, die nicht weiter hinterfragt werden. Zu den zentralen Grundannahmen zählt die folgende, die wie das meisten kein genuines Gedankengut der NLP-Gründer Bandler und Grinder ist: „Eine Landkarte ist nicht das Gebiet, das sie repräsentiert, aber wenn sie korrekt ist, ist sie in ihrer Struktur der Struktur des Gebietes gleich (oder ähnlich), worin ihre Brauchbarkeit begründet ist.“ (Alfred Korzybski, Science and Sanity, 1933). Der erste Teil des Satzes besagt, dass eine Abbildung nicht mit dem identisch ist, was sie abbildet. Erkenntnistheoretisch ist das ein alter Hut, denn schon bei Kant kann man nachlesen, dass das Ding an sich jenseits aller Erfahrung ist, denn: „Der…

  • NLP,  Psychologie

    NLP: Kritische Anmerkungen zum „Meta-Modell der Kommunikation“

    Das Meta-Modell der NLP bedient sich zunächst der grundlegende Unterscheidung von Objekt- und Metasprache, die Gregory Bateson 1964 in Anlehnung an die bekannte „Russellsche Antinomie“ (B. Russell, A. N. Whitehead: Principia Mathematica –  „Die Menge aller Mengen kann nicht selbst eine Menge sein“) zur Unterscheidung der logischen Ebenen in der Lerntheorie vorgeschlagen hat. Russell und Whitehead beschäftigen sich mit den Folgen selbstreferentieller Strukturen in mathematischen, d.h. irreflexiven Theorien. Diesen inzwischen verworfenen Versuch einer Typisierung logischer Ebenen wollte damals Bateson für die Sozialwissenschaften adaptieren. Worum geht es bei dieser Theorie, die noch 30 Jahre später bei Robert Dilts fröhliche Urständ feierte (Changing Beliefs with NLP), obwohl sie schon zu diesem Zeitpunkt…

  • Film

    Breaking The Waves

    Samstag abend sah ich mir Lars von Triers „Breaking The Waves“ an. Am Sonntagnachmittag danach einen irischen Film: „Das weiße Pferd“. Die Handlung begann in einer trostlosen Plattenbausiedlung unter Sozialhilfeempfängern in Dublin. Der Film handelte von einem alleinerziehenden Vater und seinen drei minderjährigen Söhnen. Ned Reilly und Kinder entstammten einer Minderheit in Irland, den so genannten ‚Travellers‘, dem fahrenden Volk, das es seit Jahrhunderten in Irland gibt. Viele irischen Geschichten haben sie tradiert und auch das ohnehin nicht gerade arme irische Liedgut mit ganz besonderem Gesängen bereichert. Ihre eigenartige Religion speist sich aus alten Mythen – die Mondgöttin spielte eine ganz besondere Rolle -, die mit christlichen Gedankengut verknüpft sind.…