• Bilder und Geschichten

    Die Blinden und der Elefant

    Es waren einmal fünf weise Männer. Sie alle waren blind. Ihr König schickten die fünf Weisen auf eine Reise nach Indien. Sie sollten herausfinden, was ein Elefant ist. Und so machten sich die Blinden auf die Reise. In Indien wurden sie von Helfern zu einem Elefanten geführt. Die fünf Gelehrten standen nun um das Tier herum und versuchten, sich durch Ertasten ein Bild von dem Elefanten zu machen. Als sie zurück zu ihrem König kamen, sollten sie ihm nun über den Elefanten berichten. Der erste Weise hatte am Kopf des Tieres gestanden und den Rüssel des Elefanten betastet. Er sprach: “Ein Elefant ist wie ein langer Arm.” Der zweite Gelehrte…

  • Wissenschaft

    Lesarten des Korans

    Von Wolfgang Günter Lerch Was ist der Koran? Ist dieses den Muslimen heilige Buch, so wie es sich heute darstellt, vom Himmel gefallen oder ein geschaffenes Werk, das freilich von Gott und seinem Walten in der Welt kündet? Der frühe Islam hat darüber sehr wohl gestritten, bis sich die orthodoxe Auffassung verfestigte, er sei das „ewige und ungeschaffene“ Wort Gottes. Die gegenwärtige Konfrontation mit dem Islam hat auch den westlichen Koranforschern, deren wissenschaftliche Tätigkeit bis dato im verborgenen blühte, zu unverhoffter Resonanz verholfen. Und wie so vieles, begann auch – zumindest in neuerer Zeit in Deutschland – eine gründlichere Beschäftigung mit diesem Thema im 19. Jahrhundert mit dem Welt-Weisen aus…

  • Theologie

    „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“

    Lev. 19,18 Das  וְאָֽהַבְתָּ֥ לְרֵעֲךָ֖ כָּמ֑וֹךָ („ve’ahawta le rei’acha kamocha“ ) aus Lev. 19,18, das Luther mit „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ übersetzte (heute wird כָּמ֑וֹךָ – kamocha, wie schon bei Rabbi Herz Weisel in seinem Levitikus-Kommentar aus dem 19. Jh. gern mit „… denn er ist wie du“ übersetzt), müsste eigentlich „Liebe deinem Nächsten“ heißen. Schon im 13. Jh. hat Maimonides in einem Kommentar darauf hingewiesen, dass hier das Tätigkeitswort „ahaw“ (= lieben) mit dem Dativ konstruiert ist („ahawta le…“) während es sonst, z.B. bei der Liebe zu Gott, üblich ist, es mit dem Akkusativ („ahaw et…“) zu gebrauchen. In Deut. 10,19 ist auch das Gebot, den Fremdling zu…

  • Diskussion

    Plädoyer einer Schreiblehrerin

    Die Handschrift ist unersetzbar von Ute Andresen Der Grundschulverband propagiert eine neue Anfangsschrift für die Schulen. Ute Andresen, die frühere Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Lesen und Schreiben, wird auch mit der neuen „Grundschrift“ nicht glücklich. Sie hält die Einführung der neuen Schrift für verantwortungslos. „Wir können es doch nicht den Kindern überlassen, sich die Handschrift selbst beizubringen“, meint sie. Die engagierte Lehrerin, bekannt durch ihre Rundfunkbeiträge, Veröffentlichungen und zahllosen Fortbildungen, weiß, wovon sie spricht. Denn sie hat selbst eine plausible Druckschrift entwickelt, die einen bruchlosen Übergang zur Schreibschrift erlaubt. Und wie es scheint, hat sie im Gegensatz zu manchem Verbandsfunktionär ihre Hausaufgaben gemacht. Am Ende der vierten Klasse sollen…

  • Diskussion,  Schule

    Schreiben wie gedruckt – die Grundschrift

    Ist das Ende der deutschen Schreibschrift gekommen? Kinder müssten sich heutzutage „viele der mühsam antrainierten Bewegungsabläufe bei der Weiterentwicklung zu einer flüssig zu schreibenden persönlichen Handschrift wieder abgewöhnen“, bemängelt Erika Brinkmann. Sie ist Professorin für Deutschdidaktik und Landesvorsitzende des Grund-schulverbandes, der nun die Revolution beginnen will. Aus der seinerzeit überhasteten Einführung der Vereinfachten Ausgangsschrift zieht man den Schluss: Es muss mal wieder eine neue Schrift her – die „Grundschrift“. Diese Art Druckschrift sei eine „Entlastung“ für Schüler. Skeptiker fürchten jedoch die „kulturelle Verarmung“.   Schreibschrift, nein danke! Was Millionen von Schülern vor ihnen geschafft haben, ist offenbar heutigen Kindern nicht mehr zuzumuten. Zwei Schriften – das bringen sie intellektuell nicht…

  • Lerntherapie,  Psychologie,  Schule,  Wissenschaft

    ADHS und Lese-Rechtschreibstörungen

    Konsequenzen für die Lerntherapie In den letzten Jahren wird zunehmend über einen Zusammenhang von ADHS und LRS (oder auch Rechenschwäche) gesprochen, manchmal leider auch nur schwadroniert. Einige Diskussionsbeiträge erwecken den Eindruck, fast jede zweite LRS könnte als neurobiologische Ursache eine ADHS haben. Und so manchem selbsternannten LRS-Experten möchten man gern zurufen: „Schuster, bleib bei deinen Leisten!“. ADHS begünstigt Rechtschreibprobleme Worin könnte ein Zusammenhang zwischen ADHS und Lese-Rechtschreibstörungen bestehen? Zu den Hauptmerkmalen der ADHS zählt die mangelhafte Verarbeitung von Informationen, die zu Leistungs- und Verhaltensauffälligkeiten führen und dadurch auch den Rechtschreiberwerb erheblich verzögern kann. Das Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom gilt als Funktionsstörung im Frontalhirnbereich, die zu einer Reizüberflutung des Gehirns und gestörter Informationsverarbeitung führt.Mangels…

  • Problemlöser zum Schlucken
    Diskussion,  Psychologie,  Schule,  Wissenschaft

    Kinder-Koks? – Medikamentengabe bei ADHS

    „Wir sind das einzige Land der Welt, in dem Kinder eine solch riesige Menge von Stimulantien verschrieben bekommen, die praktisch die gleichen Eigenschaften haben wie Kokain“, meint Gene Haislip, Abteilungsleiter der amerikanischen Gesundheitsbehörde DEA. Längst ist aber auch in Deutschland ADHS eine Wachstumsbranche für die Pharmaindustrie. ADHS wurde in den USA 1991 als Behinderung anerkannt. Seitdem stiegen Aufmerksamkeitsdefizit- bzw. Hyperaktivitäts- diagnosen epidemieartig an. Allein in den USA wuchs die Zahl der behandelten Fälle von 150.000 im Jahre 1970 auf über 10 Millionen im Jahre 2000. In einigen US-Bundesstaaten erhielten Eltern einen monatlichen Zuschuss von 450 $ für jedes durch ADS „behinderte“ Kind. Die Zahl der Kinder mit dieser „Behinderung“ erhöhte…

  • Diskussion

    Die Staubsauger im Gehirn

    Kleiner Ausflug in die Neurologie Einige Wissenschaftler sind der Meinung, dass ein Dopaminmangel im Gehirn für die Symptome einer ADS verantwortlich ist, den Amphetamine wie Methylphenidat beheben können. Als Ursache vermuten sie einen genetischen Defekt – erwiesen ist er bisher nicht! Andere Wissenschaftler behaupten das glatte Gegenteil. Dazu ein kleiner Ausflug in die Neurologie: Was ist Dopamin? Dopamin ist ein Botenstoff, der im Gehirn produziert wird. Es ist eine Vorstufe der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin und wird auch als „Glückshormon“ bezeichnet. Dopamin ist ein Neurotransmitter (Botenstoff), der dafür zuständig ist, Erregungen von einer Nervenzelle auf die nächste weiterzuleiten – diesen Zwischenraum zwischen zwei Nervenzellen nennt man Synapse. Wenn von dem…

  • Diskussion,  Psychologie,  Schule,  Wissenschaft

    ADHS – bloß eine Erfindung?

    Unruhige Kinder, denen es schwerfällt, ihre Impulsivität unter Kontrolle zu bringen, kannte bereits der „Struwwelpeter“-Autor Heinrich Hoffmann und hat sie im „Zappelphilipp“ verewigt. An der Realität von Aufmerksamkeits-störungen, Zappeligkeit, dem weitgehenden Verlust von Impulskontrolle und von extremer körperlicher Unruhe wird niemand zweifeln, der solche Kinder kennt. Trotzdem sei die Frage erlaubt, ob alles, was gegenwärtig unter diese unscharfe Kategorie fällt, wirklich dazu gehört. Vielleicht ist es gerade die diffuse Definition, verbunden mit der Tendenz zur Pathologisierung, die in den USA – und mittlerweile auch in Europa – ganz anderen Zwecken dient. In Deutschland hat u.a. der Neuropychologe Gerald Hüther faktenreich belegt, dass erst die Etablierung des Begriffs Aufmerksam-keitsdefizit-Syndrom in den…

  • Potockiana

    Sechsundsechzig Tage in der Sierra Morena

    Im Jahr 1961, als die erste deutschen Ausgabe der Handschrift von Saragossa im Insel-Verlag herauskam. druckte DIE ZEIT die folgende Besprechung: Ein polnischer Aufklärer und der Bürgerkrieg von Granada Von Walter Boehlich Vor drei Jahren hat Roger Caillois bei den Editions du Seuil in Paris ein ebenso merkwürdiges und sonderbares wie großartiges und aufregendes Buch herausgegeben, das bis dahin fast ausschließlich nur in Polen bekannt war. Es ist das literarische Nebenwerk eines Polyhistors, des Grafen Jan Potocki (1761–1815), wie alle dessen Schriften nicht polnisch, sondern französisch abgefaßt. Seine Schicksale sind verworren. Mancherlei Zufälle haben es der literarischen Welt eineinhalb Jahrhunderte vorenthalten. In einer Auflage von hundert Exemplaren sollte der erste Teil…